Aus: Regeln der Bedeutung. Zur
Theorie der
Bedeutung literarischer Texte. Hg. von Fotis Jannidis, Gerhard Lauer,
Matías
Martínez, Simone Winko. Berlin/New York: de Gruyter 2003, S.
566-590 Karl
Eibl Vergegenständlichung Über
die kulturstiftende Leistung der Menschensprache Steven
Pinker hat für den evolutionsbiologischen
Blick auf die Sprache eine hübsche Analogie gefunden: »Ganz
offensichtlich
unterscheidet sich die Menschensprache von den Kommunikationssystemen
anderer
Tiere ebenso grundlegend wie der Rüssel des Elefanten von den
Nasenlöchern
anderer Lebewesen«.[1]
Damit ist
sowohl die enorme Differenz als auch die Verwandtschaft bezeichnet. Die
Hauptthese meines Beitrags sei schon vorweg genannt: Aus der
ursprünglich
›trifunktionalen‹ Protosprache der menschenähnlichen Tiere hat
sich am Leitfaden
der Arbitrarität die Darstellungsfunktion (der Sachbezug)[2] ausdifferenziert und die Fähigkeit
begründet, Kultur durch ein Geflecht von vergegenständlichten
Begriffen im
Zustand einer relativen Autonomie zu stabilisieren. Vom
Grooming zum Gossip
Eine der neueren
Sprach-Ursprungs-Hypothesen besagt, dass das Sprechen der Menschen als
eine
Erweiterung des Kraulens (›Grooming‹) der Affen zum ›Gossip‹ der Menschen, also
zum Klatsch, zu verstehen sei. Robin Dunbar hat die These
vertreten: »Sprache ist entstanden, damit wir tratschen
können«.[3] Der Anfang der Menschensprache wurzelt nach
dieser These im Partnerbezug (in Ausdruck und Appell, auf der
Beziehungsebene).
Der Sachbezug wäre erst später hinzugekommen. Sprache sei
eine Verlängerung des
Grooming der Affen in größere Personengruppen. Die
rechnerische Argumentation
dafür sieht folgendermaßen aus: Wenn man das Volumen der
Großhirnrinde
verschiedener nichtmenschlicher Primaten mit der mittleren
Gruppengröße
vergleicht, in der sie leben, so gibt es eine deutliche Korrelation: Je
mehr
Hirn, desto mehr Leute, die zusammenleben. Für Schimpansen zum
Beispiel ergibt
sich eine rechnerische Gruppengröße von 55 Individuen, die
auch, nach einigen
Bereinigungsmaßnahmen, empirisch bestätigt werden kann.
Wendet man die Rechnung
auf Menschen an, dann kommt man auf eine Gruppengröße von
150 Individuen.
Dunbar führt eine Fülle von Beispielen auf, die als
empirische Bestätigungen
für diese errechnete optimale Gruppengröße gelten
können. Nach seinen
Berechnungen gilt bis in die Gegenwart, dass ein Individuum etwa 150
andere
Personen kennt und beim Namen zu nennen weiß (es sind also
›kognitive Gruppen‹,
die nicht unbedingt immer zusammen wohnen müssen). Einheiten, die
über diese
Zahl hinausgehen, seien von Desintegration bedroht, die nur durch
verstärkte
Hierarchisierung und Prozesse der Institutionalisierung kompensiert
werden kann
(die dann vielleicht einen Weg zu Arbeitsteilung und Hochkultur
eröffnet). Das
nichtverbale Repertoire
von Kommunikationsmitteln, das wir von unseren Ahnen erhalten haben,
reicht, so
meint Dunbar, für eine so große Gruppe nicht aus, so
reichhaltig es auch sein
mag. Altweltaffen verbringen im Durchschnitt 20% ihrer Zeit mit
Grooming. Bei
einer Gruppengröße von 150 Personen wären es schon 42%,
bei 200 Personen 57%.
Bei diesem Anteil an sozialer Investition wäre das Verhältnis
zu anderen
Tätigkeiten, insbesondere natürlich zur Nahrungssuche und
–aufnahme, aus dem
Gleichgewicht geraten. Die Menschen hätten sich eine ihrem Gehirn
entsprechende
Gruppengröße gar nicht leisten können, weil sie zuviel
Zeit auf
Integrationshandlungen hätten verwenden müssen. Anders
ausgedrückt: Der
Selektionsdruck im Laufe der Hominisation förderte und forderte
die Entwicklung
eines effektiveren Kommunikationssystems, und [568] das war die
Sprache.
Hirngröße, Gruppengröße und Sprechvermögen
koevoluierten. Dunbar
kommt von seiner
Grundthese auch zu einer Periodisierung. Die ersten Formen von Sprache,
eine
Art von stimmlichem Grooming (›contact calling‹), setzt er schon beim Homo erectus vor gut zwei Millionen Jahren
an. Man kennt das auch von anderen Tieren, von deren
Stimmfühlungslauten. Wenn
z. B. einzelne Schafe einer Herde immer wieder einmal scheinbar
sinnlos
»Bäh« rufen, um sich und einander zu vergewissern,
dass alles in Ordnung ist,
dann ist das schon eine Art von stimmlichem Grooming. Eine zweite Stufe
wäre
dann vor 250.000 Jahren mit der Klatsch-Sprache erreicht gewesen, und
die volle
symbolische Sprache schließlich setzt Dunbar vor etwa 50.000
Jahren an.[4] Es
bleibt jedoch noch ein
gravierendes Problem übrig. Wenn wir etwas als Anpassung deuten,
dann müssen
wir auch den Selektionsdruck namhaft machen, der hier gewirkt hat:
Weshalb
haben die Menschen sich überhaupt zu größeren Gruppen
zusammengeschlossen,
weshalb konnten sie es nicht bei 50 lassen, sondern mussten Gruppen von
150
bilden? Dunbar spricht dramatisch vom »unbarmherzigen
ökologischen Zwang zur
Vergrößerung der Gruppen«[5], aber wenn er auf die Frage nach den Ursachen für
diesen Zwang zu sprechen kommt, meint er: »Die Antwort lautet
kurz und bündig:
Wir wissen es nicht«.[6] Das ist ehrlich, aber schwach. Man wird wohl
besser auf eine einlinige Kausalität verzichten, eher eine
wechselseitige
Verstärkung verschiedener Momente annehmen. Und in diesem Sinne
wäre neben
Sprache und Gruppengröße unbedingt ein drittes Moment zu
berücksichtigen: Es
ist die Offenheit und Modifizierbarkeit der menschlichen
Verhaltensprogramme.[7] Diese Offenheit würde uns zu völlig
unberechenbaren,
zu keinerlei sozialem Verhalten fähigen Monstern machen, wenn wir
nicht eine
Methode entwickelt hätten, Handlungsdeterminationen zu
externalisieren, zu vergegenständlichen. Ausdifferenzierung des
Sachbezugs.
Ich skizziere zunächst
die Ausgangslage: Bekannt
ist, dass die
Warnschreie mancher Affen für verschiedene Arten von Gefahren
unterschiedlich
klingen und unterschiedliche Fluchtre[569]aktionen auslösen. Die
Frage ist, ob
diese Unterschiede wirklich auf der Ebene des Sachbezugs liegen oder ob
es sich
um unwillkürliche Lautäußerungen handelt, die zwar
unterschiedliche, aber
ebenfalls unwillkürliche Fluchtreaktionen verursachen, also,
›Bühlerisch‹
gesprochen, nicht um Gegenstands-Darstellung, sondern um
partnerbezogenen
Schreckens-Ausdruck und Flucht-Appell. Sehr
genau wurde diese Frage
für die afrikanischen Grünen Meerkatzen untersucht.[8] Diese Kleinaffen kennen einen Leopardenalarm,
einen Adleralarm und einen Schlangenalarm, dazu noch einige weitere
Rufe. Bei
Leopardenalarm fliehen sie auf die Bäume, denn sie sind so leicht,
dass der
Leopard ihnen dort nicht folgen kann. Bei Adleralarm suchen sie Schutz
in den
Büschen, und bei Schlangenalarm richten sie sich auf die
Hinterbeine auf und
untersuchen den Boden. Das ist der Regelfall. Aber es gibt solche Rufe
auch
ohne Fluchtreflex. Gelegentlich machen sie den Eindruck entspannter
sachbezogener Information. Beobachtet wurde z. B., dass ein Tier
auf einen
Adler aufmerksam machte, der für unsereinen nur mit dem Fernglas
beobachtbar
war; es gab keine Fluchtbewegung, sondern die anderen Tiere suchten
dann in den
nächsten zehn Minuten immer wieder einmal den Himmel ab. Ein
andermal gab es
Schlangenalarm, auf den eines der Tiere nicht sichtbar reagierte. Als
es aber
einige Stunden später sich dem gleichen Gebiet wieder
näherte, stellte es sich
auf die Hinterbeine und suchte erst einmal den Boden ab.[9] Die Information war also durchaus angekommen,
aber sie hatte zunächst keine sichtbare Reaktion ausgelöst,
weshalb auch immer.
Hinzu kommt, dass es andere Rufe gibt, für die das Wort ›Alarm‹
eher
irreführend ist. Sie machen zum Beispiel auf fremde Menschen
aufmerksam. Wenn
Massai-Hirten mit ihren Ziegen durchs Beobachtungsgebiet zogen, dann
erscholl
der Ruf »fremde Menschen«, und die Meerkatzen gingen auf
vorsichtige Distanz. Es
ist offenbar so, dass durch
die entsprechenden Laute auf einen spezifischen Sachverhalt aufmerksam
gemacht
wird und dass die entsprechenden Reaktionen je nach Dringlichkeit der
Gefahr
eine gewisse Variationsbreite offen lassen. Klaus R. Scherer hat die
entsprechenden Forschungen aus psychologischer Perspektive
zusammengefasst und
kommt zu dem Schluss: The results
reported by these researchers leave little doubt as to the specificity of the vervet alarm calls
with
respect to classes of predators. While it is understandable
that this
newly documented symbolic function has provoked much attention and
interest, it
would be mistaken to now
deemphasize the
expressive function of the calls as symptom of the underlying
affective
and motivational states of the animal. In line with Bühler’s
organon model, it
is quite consistent to argue that a vervet monkey
alarm call serves all [570] three of Bühler’s functions: as a
symptom of
the fear state of the animal, as a symbol of the type of predator that
provoked
the call, and as an appeal to the other members of the group to run
away (using
the mode of escape appropriate to the respective predator) or to be alert.[10] Scherer verallgemeinert
den Befund und meint, dass die meisten vokalen Äußerungen
von Tieren in dieser
Weise »trifunktional« sind. Weder
kommt der Sachbezug erst
beim Menschen neu hinzu noch der Partnerbezug. Es handelt sich vielmehr
um ein
Phänomen der Ausdifferenzierung. Der
Sachbezug war immer (oder wenigstens bei unseren äffischen
Vorfahren) schon da,
der Partnerbezug ebenfalls, aber beide wurden immer zugleich
realisiert. Wo
aber bereits Vorhandenes differenziert wird, hat es wenig Sinn,
Entstehungs-Prioritäten zu behaupten. Man kann nicht fragen: War
der Daumen
zuerst da oder die anderen vier Finger? Bei einer Ausdifferenzierung
kommt
nichts grundsätzlich Neues hinzu, sondern bereits Vorhandenes
spezialisiert
sich und wird leistungsfähiger. In
der Menschensprache kann
der Sachbezug selbständig gestellt, ausdifferenziert werden. Zwar
sprechen auch
wir in den meisten Alltagssituationen trifunktional. Unsere
Darstellungen haben
fast immer auch etwas mit Kundgaben und/oder Aufforderungen zu tun.
Aber wir
sind auch in der Lage, den Sachbezug der Rede zu isolieren und
weitgehend von
den personalen Momenten frei zu halten. Auf diese Weise können wir
zum Beispiel
Wissen alphabetisch geordnet in vielbändigen Lexika deponieren.
Der ganze
Bereich unserer technischen Kultur, der durch sachbezogene, weitgehend
emotionslose Äußerungen ohne Partnerbezug getragen wird,
wäre ohne Ausdifferenzierung
des Sachbezugs nicht möglich. Zur
(möglichen)
Ausdifferenzierung des Sachbezugs tritt unterstützend ein zweites
Moment,
nämlich die Arbitrarität der Menschensprache. Auch da
können wir Ansätze im
Tierreich beobachten. Unter diesem Aspekt sollte man auch die in den
letzten
Jahrzehnten immer wieder einmal aufgetauchten ›sprechenden‹ Affen
sehen, die,
da ihr Sprechwerkzeug hierfür nichts taugte, mit
Begriffskärtchen oder in
amerikanischer Taubstummensprache angeblich große
Kommunikationsleistungen vollbrachten.
Das ist umstritten, ich kann es nicht beurteilen, aber herausheben
möchte ich
ein Element der ›Affensprache‹, das von den einschlägig
Forschenden erstaunlich
wenig thematisiert wird: Die Affen können ihre Wünsche (darum
handelt es sich
ja meistens) sowohl mittels Gebärdensprache als auch mittels
Plastikkärtchen
als auch mittels einer eigens entwickelten Computertastatur
ausdrücken. Das
aber bedeutet nicht weniger als dass das Ausdrucksmedium arbiträr
ist, oder anders gesagt: dass man mit diesen Wesen Konventionen
über das Verhältnis von
Signifikant und Signifikat treffen [571] kann. Die ›sprechenden‹ Affen
können
willkürliche Signifikant/Signifikat-Beziehungen lernen. Alle
Einwände, welche
die Menschenähnlichkeit ihrer ›Sprache‹ betreffen, mögen
zutreffen. Mit dem Ansatz
zur Konventionalität (Arbitrarität) der Sprachzeichen aber
zeigen sie eine
Fähigkeit, die unabdingbar ist für Menschensprache und sogar
schon den Schriftgebrauch
vorbereitet. Mit
der Arbitrarität kann der
Horizont möglicher Äußerungen mit Darstellungsfunktion
explosionsartig
erweitert werden. Denn Zeichen, die auf Konvention beruhen,
ermöglichte die
Rede über Gegenstände, zu denen keine sinnliche Verbindung
besteht, so dass sie
auch für keinerlei Zeigehandlungen zur Verfügung stehen. Die
sinnliche,
›natürliche‹ Verbindung von Zeichen und Bezeichnetem wird gekappt,
und es ist
nun möglich, über Nichtanwesendes
(über ›dislozierte‹ Gegenstände) zu sprechen, in der ganzen
Vielfalt dessen,
was damit gemeint sein kann, über Vergangenes, Zukünftiges,
Entferntes, und
nicht zuletzt Abstraktes und Imaginiertes. Einführung
des Begriffs ›Vergegenständlichung‹
Was ist der
literarischen Fiktion, einem Lexikon, dem Verstehen historischer
Vorgänge, dem
Nachvollziehen fremder Gedankengänge, der Fähigkeit des
Schimpansen, sich im
Spiegel wiederzuerkennen oder der Ermittlung der richtigen Kleidung am
Urlaubsort gemeinsam? Eine der derzeit aktuellen
kognitionswissenschaftlichen
Antworten lautet: Meta-Repräsentation.[11] Basis dieser Begriffsbildung ist die Vorstellung,
dass kognitive Systeme wie unser Gehirn oder ein Computer fähig
sind, ihre
Umwelt in sich als eine Art Modell zu konstruieren. Diese Modelle nennt
man
›Repräsentationen‹. Diese Repräsentationen sind aber
gleichfalls Teil der Welt.
Als solche treffe ich sie z. B. bei meinen Gesprächspartnern
an oder auch
in mir selbst. Wenn ich sie gleichfalls behandle wie ›Dinge‹ der
Umwelt, dann
verarbeite ich auch die Repräsentationen als
Repräsentationen, also als
Meta-Repräsentationen. Ganz simple Metarepräsentationen sind
Aussagen über
andere Aussagen: »Otto sagt, dass der Zug Verspätung
hat«. Schon das kann
komplizierter werden, wenn über den Sprecher Zusatzinformationen
gegeben
werden, die den Gültigkeitsbereich des Gesprochenen berühren:
»Der Dichter (und
nicht der Jurist) Franz Kafka schrieb: ›Als Gregor Samsa eines Morgens
aus
unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem
ungeheuren
Ungeziefer verwandelt.‹« Aber auch Gedanken über Gedanken
sind Metarepräsentationen:
Das Verhalten autistischer Kinder kann z. B. darauf
zurückgeführt [572] werden,
dass sie nicht zu Metarepräsentationen der inneren Zustände
anderer Menschen
fähig sind. Der
Begriff der Repräsentation
ist aber nicht ganz unproblematisch, und das setzt sich in den der
Metarepräsentation
fort. Neurophysiologisch gesehen sind Repräsentationen
Aktivitäten der
Nervenzellen, die bestimmten (inneren oder äußeren)
Erfahrungen
korrespondieren. Demnach wären schon die Wörter, die diese
Aktivitäten
bezeichnen, Metarepräsentationen, und die
Metarepräsentationen im eben
geschilderten Sinne so etwas wie Metarepräsentationen zweiten
Grades. Das führt
in ein Dickicht, dessen Auflösung mir zwar nicht unmöglich,
doch an dieser
Stelle unnötig belastend erscheint. Hinzu kommt, dass der
kognitionswissenschaftliche
Begriff der Meta-Repräsentation auf Emotionen nur mit
Zusatzklauseln angewandt
werden kann. Die Vorstellung ›Löwe‹ repräsentiert ein
bestimmtes Lebewesen. Ich
kann die Aussage: »Die Biologen zählen die Löwen unter
die ›Feliden‹« mithin
als Metarepräsentation bezeichnen. Wenn ich aber über meine
(oder anderer
Leute) Furcht vor dem Löwen spreche (oder nachdenke), dann beziehe
ich mich
zwar auch auf etwas ›in‹ mir (oder in anderen), das ich zum Gegenstand
meiner
Rede oder Überlegungen mache, aber ich kann diese Furcht
schwerlich als
Repräsentation, meine Rede mithin kaum als Metarepräsentation
bezeichnen. Ich
halte für meine
Überlegungen das Wort ›Vergegenständlichung‹
für geeigneter.[12] Entscheidend ist, dass eine ›innere‹ Entität zum Gegenstand des Nachdenkens oder der Rede
gemacht wird. Sie ist dann abgelöst von der Person. Möglich
ist das nur, weil
der Sachbezug der Sprache uns in die Lage versetzt, mentale
Repräsentationen
und Emotionen in einen Quasi-Objektstatus zu setzen. Dieses
Konzept der Vergegenständlichung kann als
Pfeiler dienen, an dem wesentliche Teile eines brauchbaren
Kulturkonzeptes
aufgehängt werden können. Wenn wir
Clifford Geertz’ vielzitierte Formulierung von Kultur als dem
„selbstgesponnenen
Bedeutungsgewebe“ heranziehen:[13] Ein solches Gewebe ist nur möglich, wenn die
›Bedeutungen‹
abgelöst werden können von aktuellen Handlungssituationen.
Die Vergegenständlichung
ermöglicht es, mit Begriffen ›off-line‹ zu arbeiten, Begriffe zum
Gegenstand
des Nachdenkens zu machen, ihre Korrelationen zu überdenken, sie
mitzuteilen,
über abwesende oder abstrakte Sachverhalte zu reflektieren und zu
kommunizieren
und sie als exosomatisch gespeicherte Ordnungsschemata vorzuhalten.[14] [573] Von
dieser Einsicht aus läßt sich ein halbjahrhundertalter
Streit auflösen, nämlich
der Streit um die Sapir-Whorf-Hypothese. Auf Edward Sapir und Benjamin
Lee
Whorf (sie kamen aus der Boas-Schule) wird ein zentraler Gedanke des
›Linguistic
turn‹ der fünfziger Jahre zurückgeführt:[15] Sprache und Denken gelten als identisch oder zumindest
deckungsgleich; die Sprache, die man spricht, bestimmt das Weltbild,
das man
hat. Es ist eine Version der immer wieder auftretenden und auch sicher
nicht
ganz falschen Vorstellung, daß unser Denken ›vorgängig‹
durch etwas
Nichtkognitives bestimmt sei, durch die soziale Lage, durch Interessen,
durch
biologischen Determinanten, die Gehirnphysiologie usw. Schon die
Vielzahl von
prädeterminierenden Faktoren, die im Handel sind, sollte
allerdings davor
bewahren, daß einem einzelnen Ausschließlichkeit
zugesprochen wird. Wie nahezu
alle derartigen Determinismen hat denn auch der ›linguistische
Determinismus‹
eine harte und eine weiche Version. In der harten Version ist die
Sprache ein
unentrinnbares Gefängnis der Denkens, in der weichen Version hat
sie wesentlichen
Anteil am Denken. Die harte Version ist schon deshalb zweifelhaft, weil
sie
sich in einen performativen Fehlschluß verstrickt: Wenn alles
Denken restlos
von der Sprache bestimmt wird, dann ist auch dieser Gedanke restlos von
ihr
bestimmt und damit um keinen Deut ›wahrer‹ als der gegenteilige.
Überdies wird
als Zeugnis für das Denken zumeist die Sprache herangezogen, und
so wird die
Argumentation zirkulär: Die Hopi-Sprache kennt keine Zeiten, und
daß die Hopi
auch zeitlos denken, zeigt sich
daran, daß ihre Sprache keine Zeiten kennt ... – Doch abgesehen
davon ist die
Sapir-Worf-These in ihrer harten Version auch durch empirische
Beobachtungen
widerlegt worden und nicht zu retten.[16] Anders
steht es um die weiche
Version. Die Hypothese verliert damit zwar drastisch an
Originalität: Daß die
Sprache das Denken beeinflußt, irgendwie, wird man schwerlich
leugnen wollen.
Sie ist das Medium, in das wir unsere individuellen Erfahrungen so
hineinstandardisieren, daß sie mitteilbar werden. Die Klage von
Dichtern,
Mystikern, Liebenden, daß die Sprache zu arm sei für das,
was sie mitteilen
wollen, ist nur die Kehrseite des Standardfalles, daß die Sprache
sich der
Erfahrung – oder die Erfahrung sich der Sprache anpaßt. Wir
können die „selbstgesponnenen
Bedeutungsgewebe“ einer Kultur als Gewebe von
Vergegenständlichungen und die
Diversität von Kulturen als Diversität der
Vergegenständli[574] chungssysteme
auffassen. Selbstverständlich wirken diese
Vergegenständlichungen wiederum auf
die Erfahrungsweisen zurück, sie konstituieren Erwartungen,
Vorstrukturierungen,
die unentbehrlich sind, wenn wir nicht in einem Chaos von
Eindrücken versinken
wollen. Insoweit
wird man
Wittgensteins Satz anerkennen können: „Die
Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“[17] Nur: Diese Grenzen sind flexibel. Gerade das
macht ja das Besondere des sprachbegabten Tieres aus. Als Gegenbeispiel
will
ich die Zecke namhaft machen, deren Welt – ›Umwelt‹ – Jakob von
Uexküll
geschildert hat. Ein begattetes Weibchen muß sich mit Blut
vollsaugen, ehe es
seine Eier legen kann. Zu diesem Behufe erklettert es, nur auf einen
vagen
Lichtsinn vertrauend, einen Ast und läßt sich wartend dort
nieder, um
aus genügender Höhe sich
entweder auf unter ihm hinweglaufende kleinere Säugetiere
herabfallen zu lassen
oder um sich von größeren Tieren abstreifen zu lassen. [...]
Die Annäherung der
Beute wird dem blinden und tauben Wegelagerer durch seinen Geruchssinn
offenbar. Der Duft der Buttersäure, die den Hautdrüsen aller
Säugetiere
entströmt, wirkt auf die Zecke als Signal, um ihren Wachtposten zu
verlassen
und sich herabzustürzen. Fällt sie dabei auf etwas Warmes,
was ihr ein feiner
Temperatursinn verrät — dann hat sie ihre Beute, den
Warmblüter, erreicht und
braucht nur noch mit Hilfe ihres Tastsinnes eine möglichst
haarfreie Stelle zu
finden, um sich bis über den Kopf in das Hautgewebe ihrer Beute
einzubohren.
[...] Die ausgiebige Blutmahlzeit der Zecke ist zugleich auch ihre
Henkersmahlzeit, denn nun bleibt ihr nichts zu tun übrig, als sich
zu Boden fallen
zu lassen, ihre Eier abzulegen und zu sterben.[18] Man hat beobachtet, daß
solch ein Zeckenweibchen bis zu 18 Jahren regungslos auf seinem Ast
hockt und
auf das Signal ›Buttersäure‹ wartet. Der
Beiklang des
Schicksalhaft-Dramatischen, des Verurteiltseins, der dem
Wittgenstein-Satz (und
mehr noch seinem Gebrauch als Zitat) anhaftet, verliert sich, wenn man
die
Grenzen der Zecken-Welt oder der übrigen sprachlosen Tiere zum
Vergleich
heranzieht. Auch die Welten höherer Tiere sind begrenzt durch den
Horizont des
sinnlich Wahrnehmbaren, wenngleich dieser vielfältigere Reize
umfaßt als der
der Zecke. Die Vergegenständlichungs-Leistung der Sprache hingegen
ist ein
Instrument, um die Grenzen der Welt weit über das aktuell sinnlich
Ergreifbarte
hinaus zu dehnen, exosomatische Informationsspeicher anzulegen,
Informationen
zu prüfen und umzuorganisieren und, wie Popper es ausdrückte,[19] an unserer Stelle unsere Hypothesen sterben zu
lassen. Das ist kein Mechanismus, der auf Wissenschaft zu
beschränken wäre,
sondern eine Eigenschaft aller lernenden Systeme, die beim Menschen
allerdings
wegen der Verge[575]genständlichung der Informationen in ein
Stadium bewußten,
gleichsam technischen Operierens gekommen ist. Gerade
damit aber bekommt der
selektive Charakter der Sprache – Sprache in einem weiten Sinn,
versteht sich,
etwa dem der Luhmannschen ›Semantik‹ – seine besondere Bedeutung bei
der
kulturwissenschaftlichen Beobachtung von Kulturen. Die sprachlichen
Selektionen
sind in der Tat kulturkonstituierend. An ihnen ist abzulesen, welche
›Welt‹
eine Kultur als sprachrelevant wahrgenommen und verarbeitet und sich
als
›Umwelt‹ verschrieben hat. Dabei sind die alten Beispiele, daß
die Bewohner der
Eiswüsten viele Differenzierungen des Weißen und die
Bewohner grüner
Landschaften viele Differenzierungen des Grünen besitzen, von eher
zweitrangiger Bedeutung. Wichtiger könnte sein, welche Werte
bevorzugt werden,
welche Probleme wahrgenommen und erörtert werden (dürfen,
können, sollen),
welche aus dem Gespräch ausgeschlossen bleiben, aus welchen
Gründen und mit
welchen Strategien das geschieht. Weiterbauende
Kultur
Immer wieder einmal wird
von Biologen mit leichtem Triumphton in der Stimme mitgeteilt, dass
auch Tiere
Kultur haben. Ich bewundere die Forscher und Forscherinnen, die in
entsagungsvoller
Feldarbeit herausgefunden haben, dass die Schimpansen von Bossou, Gombe
und Taï
zum Ameisenangeln Stöcke von 25 cm Länge und mehr benutzen,
während die Schimpansen
von Mahale viel kürzere Stöckchen verwenden. Es soll mir
recht sein, wenn man
diese Unterschiede als kulturelle Unterschiede bezeichnet. Aber wenn
man soviel
Sorgfalt auf die Unterschiede der Stöckchenlängen verwendet,
sollte man auch
die Unterschiede nicht verwischen, die zwischen der Kultur der
ameisenangelnden
Schimpansen und der Kultur jener Spezies zu beobachten sind, die (neben
manchem
Erfreulicheren) die Logistik von Fast-Food-Ketten beherrscht. Das
Spezielle der menschlichen
Kultur ist ein Phänomen, das Michael Tomasello als »ratchet
effect«
(Ratschen-Effekt, Sperrklingeneffekt)[20] bezeichnet hat. Gemeint ist das
Konstruktionsprinzip, nach dem die wiederholte Kraftanwendung jeweils
auf den
letzten erreichten Zustand wirkt. Eine entscheidende Voraussetzung
dafür
scheint mir zu sein, dass unsere Sprache den Sachbezug ausdifferenziert
hat und
die Vergegenständlichung [576] von Wissen ermöglicht. Nur mit
ihr kann Wissen
so veräußert werden, dass der Effekt
eines Weiterbaus (ein ›Kumulierungseffekt‹)[21] entsteht. Gerade diese Effekte des Weiterbaus
sind es, die zu den erstaunlichen kulturellen Veränderungen
unserer Spezies und
zur atemberaubender Beschleunigung in den letzten 400 Jahren
geführt haben.
Gewiss, es wird auch immer wieder vieles vergessen, und die
konservativen
Klagen darüber gibt es, seit es eine Überlieferung gibt. Aber
man muss nur
einmal im Gedankenexperiment aus Steins Kulturfahrplan
irgendwo aus den letzten 400 Jahren die Erfindungen und Entdeckungen
von 30
Jahren herausschneiden, dann wird schnell klar, wie sehr wir auf den
Schultern
unserer Vorfahren stehen. Möglich ist das nur, weil alles Wissen
irgendwie thesauriert
wurde. Die
beiden großen
geschichtlichen Zäsuren der Menschheit lassen sich entsprechend
auch mit dem
Hinzukommen neuer Medien und mit Graden der Vergegenständlichung
verknüpfen. Die
erste Zäsur, der Übergang
von den Stammeskulturen zu den Hochkulturen (von der segmentären
Differenzierung zur stratifikatorischen) ist informationstechnisch
verknüpft
mit der ›Erfindung‹ der Schrift als der herausragendsten
Verfestigungsform von
Sprache. In gewissem Sinn ist die (›moderne‹)[22] Schrift nur eine weitere Steigerung der
Darstellungsleistung der Kehlkopfsprache, ein weiterer Schritt bei der
Ausdifferenzierung,
allerdings ein sehr folgenreicher. Die Dinge werden dem unmittelbaren
Interesse
noch weiter entrückt, die pragmatische Entkoppelung ist noch
stärker als bei
der bloß darstellenden Sprache. Die
zweite Zäsur, der Übergang
von den Hochkulturen zur modernen Gesellschaft (von der
stratifikatorischen zur
funktionalen Differenzierung), ist informationstechnisch durch den
Buchdruck
bezeichnet, geradezu den Musterfall eines Ratschen- oder
Wagenhebereffekts: Auf
der Schrift baut der Buchdruck auf. Typisch ist aber auch, dass
zwischen
Schrift und Buchdruck ein solch langer Zeitraum verstrichen ist. Die
wirkliche
Neuerungswut, in der jede Generation eine völlig veränderte
Welt hinterlässt,
beginnt erst mit dem Buchdruck, d. h. einer ungeahnten Kumulation
von
Wissensbeständen. Er führte zu einer dramatischen
Verschärfung des Problems,
wie man vergegenständlichtes Wissen speichern[577] und
wiederverfügbar machen
kann. Die Speicherung wurde von den Bibliotheken und die
Verfügbarhaltung von
den Schulen wahrgenommen. Das sind die beiden großen Schmieden
der Moderne. Im
Augenblick befinden wir uns
wohl auf einer dritten Schwelle, und auch da wird das Information
retrieval
mehr und mehr zur entscheidenden Engstelle. Angeborene Plots?
Damit
vergegenständlichtes Wissen verfügbar gehalten werden kann,
braucht man
entsprechende Lagerhäuser mit entsprechenden Packeinheiten: Texte,
die so
kohärent sind, dass sie auch die Ablösung von Redesituationen
überstehen. Berichte
über heutige Sammler- und Jäger oder Pflanzer legen die
Vermutung nahe, dass
die Speicherung von Informationen insbesondere eine Domäne des
Erzählens war.
Ein sinnfälliges Beispiel mag der Australier Paralij abgeben. Er
hat bei einer
großen Dürre Angehörige seines Stammes Nangatara
über 600 Kilometer von
Wasserloch zu Wasserloch geführt. Weniger als die Hälfte des
Weges kannte er
von seiner Initiation, den anderen Teil kannte er nur aus einem
zeremoniellen
Zyklus seines Stammes, der von den Wanderungen der Vorfahren berichtete.[23] Ich
vertrete die These, dass
es so etwas wie angeborene Plots gibt. Genauer: Es sind angeborene
Verlaufserwartungen. Viele biologisch programmierte
Verhaltensabläufe bilden
Ganzheiten, ›Gestalten‹, die erst nach Abschluss des Programms
vollständig
sind. Das ist nicht nur das Töten der Beute (oder das Fressen?)
als Höhepunkt
der Jagd oder der Zeugungsakt, dem unterschiedlich ausführliche
Balzrituale
vorhergehen, sondern auch das Einschlafen des Hundes, der zuvor das
Ritual des
Grasniedertretens absolviert hat, der Abschluss der
Futterversteck-Handlung des
Eichhörnchens, wenn das Stück wirklich vergraben ist, die
Endsituation des
Schwarmfisches, der nach einer kleinen Verirrung den Schwarm
wiedererreicht
hat, also jeweils ganze Reaktionsketten, denen man durchaus epische
Qualitäten
zusprechen kann.[24] Wenn der Schwarmfisch erzählen könnte, würde
er
uns von seinem jähen Erschrecken berichten, als er sich
plötzlich allein sah,
seinem panischen Suchen und seiner Glückseligkeit, als er die
Seinen wiedergefunden
hat. – Der Schwarmfisch kann das [578] nicht erzählen, wohl aber
der Mensch,
der sich verirrt hat und wieder zu den Seinen zurückgefunden hat. Damit
sind wir bei den
angeborenen epischen Schemata, mit denen wir die Welt, das heißt
unsere
Informationen strukturieren. Es gibt vermutlich eine Fülle solcher
Schemata in
der Seele des Menschen. Sie sind dort als
Problemlösungs-Algorithmen gelagert
und können bei Bedarf abgerufen werden. Die Individuen befinden
sich auf diese
Weise immer in Geschichten, d. h. in sinnvollen
Ereignis-Sukzessionen. Ob
diese Ereignis-Sukzessionen dann auch tatsächlich als
Entwürfe realer Geschehensabläufe
gehandhabt und verfolgt werden, ist nicht einmal so wichtig.
Entscheidend ist,
dass die Einbettung das Einzelereignis im
Augenblick aus seiner Isolation löst und zum Teil einer
sinnvollen
Ereigniskette macht. Insofern sind wir alle Dichter. Walter
Burkert meint mit
einigem Recht, dass ›gute‹ Geschichten sich dadurch auszeichnen, dass
man sie
ohne Schwierigkeiten nacherzählen kann. Eine simple Buchstaben-
oder
Zahlenfolge, die noch der dümmste Computer sich merken kann, kann
unser
Gedächtnis schnell überfordern. ›Gute‹ Geschichten hingegen
erzählen sich fast
von selbst, wenigstens in der Grundstruktur.[25] Aber was macht solche Geschichten ›gut‹? Anscheinend
bildet diese Grundstruktur etwas ab, was in unserem Geist oder Gehirn
als
Schema, Erwartung usw. darauf wartet, bestätigt zu werden. Exemplarisch
herausgehoben sei
hier eine epische Formel, die Burkert ausführlicher behandelt hat.
Es ist die
Formel von der ›abenteuerlichen Suche‹. Burkert versichert sich der
Unterstützung
des russischen Märchenforschers Vladimir Propp: Nach
Propp läßt sich eine
Erzählung als Abfolge von 31 ›Funktionen‹ beschreiben.
Verkürzt und vereinfacht
verläuft dies so: Es kommt ein Verlust zustande, ein
Bedürfnis oder Wunsch (8);
der ›Held‹ wird ausgeschickt (9), er faßt seinen Entschluß
(10); er verläßt
sein Zuhause (11); er begegnet einem Partner, der ihn auf die Probe
stellt
(12); indem er darauf reagiert (13), erhält er ein Geschenk, ein
Zaubermittel
(14); so ausgestattet erreicht er den gesuchten Ort (15), wo er mit
einem
Gegner in Konflikt gerät (16); er erhält dabei eine
Markierung, ja Verwundung
(17), doch bleibt er siegreich (18); der anfängliche Verlust oder
Mangel ist
damit behoben (19). Der ›Held‹ tritt die Rückreise an (20); er
wird verfolgt
(21), doch gerettet (22); er kommt unerkannt nach Hause oder an einen
neuen Ort
(23); ein falscher Held tritt auf als Konkurrent (24); über eine
schwere Probe
(25) kommt der ›Held‹ zum endlichen Erfolg (26), er wird erkannt (27),
der
falsche Held wird entlarvt (28), bestraft (30); der ›Held‹
vermählt sich und
besteigt den Thron (31).[26] Der Altphilologe Burkert
entdeckt dieses Schema wieder in der griechischen Mythologie,
insbesondere in
der Heraklessage, der Argonautensage,[579] Teilen der Odyssee, doch
auch im
Gilgamesh-Epos und anderen alten Geschichten, geht aber auch bis in die
Moderne; »Science Fiction und Computer-Spiele kommen am wenigsten
davon los«.[27] Im phylogenetischen Krebsgang kann er auf Washoe,
eine der ›sprechenden‹ Schimpansinnen verweisen, mit der sich der
folgende
Dialog in Taubstummensprache abspielte: »George: Was willst du?
Washoe: Orange,
Orange. George: Keine Orange mehr da. Was willst du? Washoe: Orange.
George
(ärgerlich werdend): Keine Orange mehr da. Was willst du? Washoe:
Du Auto
gehen. Gib mir Orange. Schnell«. Die Hauptlinie der Propp-Sequenz
sei
biologisch durch die praktische Notwendigkeit der Nahrungssuche
vorgezeichnet. Da
höre ich schon die Rufe:
Reduktionismus! Die Suche des Ritters nach dem Gral, die Queste, die
dem
höchsten Gut gilt, soll zurückzuführen sein auf
ordinäre Nahrungssuche! Nein,
dies gewiss nicht. Es geht vielmehr um angeborene Ablauferwartungen,
die es uns
überhaupt erst ermöglichen, eine Geschichte wie die von
Odysseus oder von
Parzival auf Grund von Worten oder Buchstaben in unserem Verstand zu
synthetisieren. Diese Erwartungen seien kultureller Art? Ich
fürchte, hinter
diesem Standardeinwand steckt letztlich die Vorstellung
abgebrühter,
pensionsreifer Literaturhistoriker, wer liest, trage die ganze
Literaturgeschichte
als Erbschaft seiner Kultur in sich. Doch schon zu Beginn einer
Lesekarriere
sind bestimmte Grundschemata verfügbar. Wer mit 16 Jahren die
geläufigen, recht
umfangreichen Prosafassungen der Odyssee
oder des Parzival las, hatte von den
entsprechenden literarischen Traditionen keine Ahnung. Kann sein, dass
die
Literaturgeschichte in irgendeinem objektivistischen Sinn ein
großer
kultureller Echoraum ist, aber wer in ihn eintritt, wird zunächst
einmal von Erwartungen
geleitet, die er von ›außen‹ mitbringt. Dass man Geschichten wie
die von Odysseus
oder die mittelalterlichen Ritterromane, die gewaltigen Liebesromane im
Gefolge
der Aithiopica des Heliodor,
überhaupt zur Kenntnis nimmt, und das noch dazu mit Lust, liegt an
der angeborenen
Gestalterwartung, die sie abrufen. Neben
dem Schema von Ausfahrt
und Heimkehr mit dem Urmotiv der Futtersuche sind noch andere,
ähnlich
elementare Schemata zu vermuten. Ein wichtiger Kandidat ist etwa das
Schema des
Geschlechtsverkehrs. Auch er bildet ja eine »Ereignisfolge«
im Sinne der
Minimaldefinition einer Erzählung von Labov/Woletzky,[28] von der in immer neuer Variation (und
unterschiedlicher Direktheit) zu erzählen die Menschen aller
Zeiten und Völker
nicht müde werden. Die Grundstruktur ist immer der Weg zum
reproduktiven
Fundamentalereignis, d. h. es geht immer darum, dass zwei
[580]Menschen,
einigen Hindernissen zum Trotz, schließlich zu einer
geschlechtlichen
Vereinigung kommen, die zu allen Hoffnungen berechtigt. Als dritter
dieser ganz
elementaren Urabläufe ist der Rivalenkampf zu nennen. Geschichten
von Kampf und
Sieg, zuweilen aber auch der unverdienten Niederlage, findet man
überall. Und
schließlich, auf ähnlich fundamentaler Ebene, die Aufdeckung
des Unbekannten,
also die Betätigung unserer Neugierde, die dann ganze analytische
Dramen und
Detektivgeschichten zu binden vermag. Mit
diesen Ablaufschemata sind
Auslöser-Schemata verknüpft, die in der Realität
existieren und in der Phantasie
des Zuhörers oder Lesers abgerufen werden können. Bekannt
sind sexuelle
Auslöser unterschiedlicher Explizitheit und Subtilität, doch
auch Figuren wie
die hilflose Frau, das unschuldige Kind oder auch der starke Mann, oder
Situationen, auf die wir mit Furcht oder Mitleid reagieren. Sie
lösen in der
Realität instinktgesteuerte oder ‑beeinflusste Verhaltensweisen
aus und können
die zugehörigen Emotionen auch dann wecken, wenn sie in
Erzählungen vorkommen.[29] Ich
verzichte darauf, hier so
etwas wie Systematik vorzugaukeln. Eine Systematik der angeborenen
Plots wäre
derzeit voreilig – wenn sie überhaupt jemals erreichbar ist, weil
die
apriorischen Plots, wie eingangs dieses Argumentationszuges schon
hervorgehoben
wurde, genau genommen Plot-Erwartungen mit einem kaum generell
einzuschränkenden Suchfokus sind, der von uns nur exemplarisch
versinnlicht
werden kann. Um so wichtiger ist vorerst, falsche oder voreilige
Zuweisungen
ans Erbgut zu vermeiden. Immer ist in solchen Fällen die
evolutionsbiologische
Kontrollfrage zu stellen: Wie kann diese Eigenart ins Erbgut gelangt
sein,
welchen Selektionswert hatte sie? Ich denke, bei den eben genannten
Elementen
kann diese Kontrollfrage nach dem Selektionswert positiv beschieden
werden. Der
Überlebens- und Fortpflanzungsvorteil liegt darin, dass
unabgeschlossene
Situationen vorstrukturiert werden und dass das Handeln durch
entsprechende
Erwartungen angeleitet wird, so dass phylogenetisch erworbene
Erfahrungen
nutzbar gemacht werden können. Bis
zu welchem Grad der Konkretheit
das gehen kann, ist eine andere Frage. Setzen wir noch einmal bei der
Futtersuche an: Es kann hilfreich sein, wenn bestimmte angeborene
Suchregeln
diese Suche anleiten. Solche Regeln können ganz einfach sein,
etwa: »Achte auf
Rotes!«, weil das häufig die Farbe reifer Früchte ist.
Aber wenn diese
Suchregeln zu konkret werden, dann verfehlt der Organismus die
allernächsten
Leckerbissen, nur weil sie etwas ungewöhnlich angeordnet oder
gefärbt sind. Und
die Besonderheit der Spezies Homo war
ja gerade, dass sie in unterschiedlichen[581] Habitaten, zu guter Letzt
nahe
den Polen und am Äquator lebte – da wären allzu präzise
(und das heißt ja
immer: vieles ausschließende) Suchregeln tödlich gewesen.
Dieser Offenheit der
Suchregeln ist es zu verdanken, dass schließlich unter
entsprechenden Umständen
auch ein Pharaonenschatz, eine Prinzessin oder ein Gral zum Ziel werden
können.
Deshalb scheint mir die generelle Aussage naheliegend, dass diejenigen
Schemata
sich evolutionär bevorzugt durchsetzen konnten, die zur
Füllung durch möglichst
viele kulturell divergierende Situationen geeignet waren. Unter
diesem Aspekt ist es zum
Beispiel problematisch, wenn Burkert auch die
›Mädchentragödie‹ zu den
Urgeschichten zählt: (1.) Eine von außen kommende Macht
zwingt die junge
Frau, die Eltern zu verlassen. (2.) Nach einer Zwischenphase des
Idylls
(3.) kommt ein Mann (Dämon, Heros, Gott), der die Frau
vergewaltigt und
schwängert. (4.) Es folgt eine Periode des Leidens und der
Bestrafung.
(5.) Am Ende aber steht die Rettung. Auch hier kann Burkert eine
Vielzahl
von Parallelen aus der griechischen Mythologie, doch auch von den Maya,
aus der
Bibel und aus den Märchen (Rapunzel, Schneewittchen) beibringen,
welche wenigstens
in der Grundstruktur einige Ähnlichkeit besitzen. Biologisch
sieht Burkert hier
einen Weg über drei Stationen ablaufen: »die erste
Regelblutung, den ersten
Sexualakt, Schwangerschaft und erste Geburt«. Dem
entspricht in der
Erzählstruktur die Trennung vom Elternhaus, die sexuelle Begegnung
und die
Leidenszeit bis zur Geburt. Wie sehr die sprachlich gestaltete
Tradition einer
Kultur, in Mythos, Märchen und freier Erfindung, von der
biologischen
Grundordnung geprägt ist und von dieser abhängig bleibt,
könnte kaum deutlicher
sein.[30] »Geprägt« und
»abhängig«, nun gut, das ist so vage formuliert, dass
es nicht falsch sein kann. Wenn man aber
eine bereits
auf biologischer Ebene schematisierte Wissensorganisation annehmen
will,
müssten diese Geschichten oder ihr Grundgerüst via Selektion
ins Genom Eingang
gefunden, d. h. einen statistisch relevanten individuellen
Überlebens-
oder Fortpflanzungsvorteil geboten haben. Einen solchen Mechanismus
kann ich
mir vor allem angesichts ihrer hohen Spezialisiertheit auf nur einen Ablauf innerhalb des Lebens schwer
vorstellen. Zweifellos
begegnen uns in
allen Märchen, Mythen, Dichtungen angeborene Schemata der
Wissensstrukturierung. Auch in der Mädchengeschichte sind
typisierte
Verlaufsschemata und Konstellationen enthalten, die einen genetischen
Hintergrund haben dürften. Die Annahme, dass das Verlassen der
Ursprungsgruppe
trotz tief ambivalenter Gefühle letztlich
glückverheißend ist, kann gewiss zum
erfolgreichen Verhalten in vielen [582] unvermeidlichen
Trennungssituationen
beitragen und hat insofern einen gewissen Selektionswert. Man
könnte es das
Schema von Trennung und neuer Geborgenheit nennen. Wenn, wie in den
meisten
Stammeskulturen, das Mädchen seine Angehörigen verlässt
und zum anderen Clan
oder zum anderen Dorf übersiedelt, dann werden die damit
verknüpften Ängste mit
einem solchen zuversichtlichen Interpretationsschema besser
bewältigt werden.
Aber das Schema ist auch auf jede andere Trennungssituation anzuwenden,
z. B. auf den Mann, der ins fremde Dorf muss, um bei den
Schwiegereltern
den Brautpreis abzuarbeiten, die Frau, die sich von ihrem Mann trennt,
weil ihr
ein anderer besser gefällt oder die ganze Sippe, die die von
Dürre oder von
Feinden bedrohte Heimat in irgendein ›gelobtes Land‹ verlässt.
Sicher können
die Erwartungen und Suchimpulse, die sich auf die genetisch
abgespeicherten
Abläufe der Sexualität beziehen, mit der Ambivalenz des
Fremden verknüpft
werden, das ängstigt und fasziniert, also mit der Mystery-Topik,
und wer
Geschichten gehört hat, in denen diese Ambivalenz sich nach
anfänglicher
Bedrohlichkeit schließlich in Glück und Gelingen
auflöst, wird sich vielleicht
mit mehr Zuversicht und damit auch Erfolg darauf einlassen. Auch die
ganz generelle
›Durch-Nacht-zum-Licht‹- oder ›per-aspera-ad-astra‹-Zuversicht
verschafft einen
Vorteil gegenüber den Pessimistischen oder Ratlosen. Das
Schema der
Mädchengeschichte enthält also
angeborene Plots oder Schemata, denen es einen wesentlichen Teil seiner
Überzeugungskraft verdankt. Aber als Ganzes ist es ein kulturelles
Arrangement
solcher Schemata. Der
Text, als kultureller
Artefakt, ist Antwort auf einen Verständigungsbedarf, der als
solcher ebenfalls
biologisch vorgegeben ist, sich aber auf kulturell unterschiedliche
Erfahrungen
beziehen kann. Da ist schon denkbar, dass die Frauen einander eine
Mädchengeschichte
erzählen, um einer gemeinsamen Erfahrung eine gemeinsame Form zu
geben. Aber
die gemeinsamen Erfahrungen können kulturell durchaus
unterschiedlich sein: Ob
das Mädchen Objekt eine legalen Tausches ist oder ob bereits
verheiratete
Frauen von einem fremden Clan geraubt werden oder ob zwei junge
Menschen sich
heimlich auf und davon machen und nun zusehen müssen, wie sie
wieder Fuß fassen[31] – jedesmal kommen andere Geschichten dabei
heraus, die doch mit denselben Grundelementen operie[583]ren. Deshalb
können
auch Männer daraus die Zuversicht schöpfen, dass die
Pressionen des Lebens zu
einem glücklichen Ende führen werden. Ähnliche
Skepsis scheint mir
bei anderen komplexen biographischen Geschichten angebracht zu sein,
die durch
entsprechend kühne Deutungen auf eine ›biologische‹ Grundstruktur
gebracht
werden können. Ein Beispiel ist Norbert Bischofs kluges, aber wie
ich meine,
nicht eigentlich biologisch argumentierendes Buch über Das
Kraftfeld der Mythen. Es gelingt Bischof, eine Vielzahl von
Mythen auf die typisierte ontogenetische Entwicklung der
Persönlichkeit zu beziehen
und als Geschichten der individuellen Bewusstwerdung zu deuten, vom
Verlust der
paradiesischen Symbiose mit der Mutter über die ›ödipale‹
Auflehnung gegen den
Vater bis zur erfolgreichen Selbstwerdung. Das sind bewundernswerte
hermeneutische
Leistungen. Nur die Frage nach der Funktion solchen Erzählens,
nach dem
Selektionsnutzen, bleibt unterbelichtet. Hier wie bei Burkert sind der
Abbildungscharakter der Mythen und Erzählungen (der notfalls durch
einige kühne
Allegoresen hergestellt wird) und der Erweis, dass die Geschichten,
richtig
gedeutet, ›richtige‹ Abbildungen sind, schon hinreichender Beweis
für die
biologische Notwendigkeit dieses Erzählens. Aber wieder muss man,
um etwas als
Adaptation deuten zu können, fragen, wie das ins Erbgut kam. Der
erscheint
zumindest auf Anhieb nicht erkennbar. Selbst-Vergegenständlichung
Bei einem zweiten Blick
jedoch zeigt sich auch hier eine biologisch zu deutende Motivation. Sie
liegt
aber auf einer anderen Ebene als der der angeborenen Schemata. Bischof
stellt einen Begriff
zur Verfügung, der hier einen Anschluss ermöglicht. Er
unterscheidet zwischen
einem ›medialen‹ und einem ›figuralen Ich‹. Er knüpft damit an bei
einer
Grundunterscheidung von William James, nämlich vom »Ich als
Subjekt« und »Ich
als Objekt« oder der Unterscheidung von »I« und
»Me«.[32] – Im vorliegenden Zusammenhang geht es um das
›figurale Ich‹, das ›Ich als Objekt‹ oder das ›Me‹: Die
menschliche Urerfahrung der Reflexion läßt
mich mir selbst gegenübertreten und mich dinglich erleben,
als Figur, von außen also, als etwas, das eine Form,
eine Kontur,
einen
Charakter hat.
Nicht mein leibliches Antlitz ist hier gemeint, sondern das, was der
chinesische Begriff des »Gesichts« umschreibt, jenes
Gesichts, das ich in jeder
Lebenslage zu wahren mich bemühe, und das ich verliere, wenn mir
etwas
Beschämendes widerfährt. Es ist eine von ihrem
Außenaspekt her erlebte psychische Grenze, die mich
abschirmt von meinem Gegenüber, die
dieser –
etwa durch
Vermeidung bestimmter Ge[584]sprächsthemen – respektiert, die er
vielleicht
aber auch durch eine vertrauliche Geste durchbrechen möchte. Die
prägnanteste Erlebnisgrundlage meines figuralen Ich ist mein
bewußtes, autonomes Wollen, in dem ich mir selbst
Grenzen ziehe und so meinen
eigenen Charakter
gestalte. Philipp Lersch kleidet
diese Erfahrung in ein Bild, dem wir später noch einmal in Form
eines
mythischen Motivs begegnen werden. Im Wollen erhebe sich,
phänomenologisch
gesehen, das bewußte Ich wie das Festland einer Insel aus dem
bewegten Meer der
emotionalen Erlebnisse, schreibt er in seinem Buch ›Aufbau der Person‹.[33] Ich will nicht jedes
Wort dieser Formulierungen mitunterschreiben. Die Tendenz aber scheint
mir sehr
hilfreich zu sein. Denn was hier mit Begriffen wie ›Dinglichkeit‹,
›Figur‹,
›Außenaspekt‹ usw. umschrieben ist, entspricht der von mir
hervorgehobene Vergegenständlichung, nun bezogen
auf
die ganze eigene Person. Diese
Vergegenständlichung des
Ich (oder Selbst-Vergegenständlichung) ist in einer doppelten
Weise biologisch
bedingt, und zwar dadurch, dass sie biologisch ermöglicht wird und
dadurch,
dass sie biologisch notwendig ist. Ermöglicht
wird die
Selbst-Vergegenständlichung durch den ausdifferenzierten Sachbezug
der Sprache.
Und biologisch notwendig ist sie wegen der Vielzahl offener Programme,
die
organisiert werden müssen. Ein Organismus, der komplett starr
programmiert ist,
braucht kein Selbstbild, keinen Spiegel, kein Echo, keine
Außenablage seines
Selbst. Nur ein Organismus, der das Gefühl hat (ob ›mit Recht‹,
ist
gleichgültig), vor Wahlen zu stehen und Entscheidungen treffen zu
müssen und
der mit dem Wissen umgeht, dass er sich immer auch anders verhalten
könnte
(oder hätte verhalten können), braucht eine
Vergegenständlichung seiner Person. Unsere
Überlegungen geraten an
dieser Stelle in einen von den verschiedenen Schulen der Psychologie
und
Sozialpsychologie unter den Titeln der ›Ich-Identität‹ oder des
›Selbst‹ oder
auch des ›Subjekts‹ vielfach bedachten Konzeptkomplex, der hier nicht
neu
aufgerollt werden kann. Aus der biologischen Perspektive ist das
Problem der
Ich-Identität jedenfalls ein spezifisch menschliches Problem. Ich
will damit
nicht leugnen, dass es auch bei Tieren innere Konfliktlagen geben mag.
Aber sie
haben nicht die Möglichkeit, sich Entscheidungshilfe bei einem
extern
fixierbaren Selbstbild zu holen bzw. nach der Entscheidung dieses
Selbstbild
entsprechend zurechtzuhobeln. Nur dieses mit externen Materialien
gefertigte
Selbstbild, das heißt dessen Kontinuität und der Vergleich
dieses Soll-Bildes
mit dem Ist-Befund lässt Identität überhaupt zum Thema
werden, und zwar gleich
im doppelten Sinn: Bin ich mit meiner Vergegenständlichung
identisch? Und: Ist
die Vergegenständlichung mit sich selbst identisch, d. h.
konsistent?
[585] Da
wird nun noch einmal
deutlich, wie wertvoll Erzählungen werden können. Sie stellen
das Material
bereit, in das hinein sich die Person vergegenständlichen kann.
Die Mythen
haben dabei ganz gewiss eine wichtige Funktion, denn sie
verknüpfen die Einzelperson
mit einem überindividuell-normativen Geschehen. Eine gelungene
Vergegenständlichung in einer überlieferten exemplarischen
Geschichte bedeutet
immer auch, dass man ›richtig‹ ist. Und selbst wenn es sich um
kleinere,
unpersönliche Zusammenhänge handelt: Wenn ein Ereignis in
eine Ereignisfolge
von kausaler oder kausalartiger Plausibilität eingebaut ist, ist
sein
Irritationspotential entschärft. Für das Ich aber sind vor
allem die ›Lebensgeschichten‹
von Bedeutung, die Geschichte, die man sich selbst von sich
erzählt oder noch
besser: Einem anderen Menschen, der einen noch nicht kennt und an dem
einem
liegt. Noch im Banne von Phänomenologie und Existenzphilosophie
hat Wilhelm
Schapp dargelegt, dass wir in der Selbstwahrnehmung wie in der
Fremdwahrnehmung
immer als in Geschichten Verstrickte erscheinen. »Wir [d. i.
Schapp] sind
der Meinung, dass sich das Menschsein erschöpft im Verstricktsein
in
Geschichten, dass der Mensch der in Geschichten Verstrickte ist. Wenn
wir uns,
d. h. wenn jeder von uns sich nun auf sich selbst besinnt, so
finden wir,
dass wir von jeher in Geschichten verstrickt sind«.[34] Das Ich wäre demnach ein Aggregat von
Geschichten. Ob
es sich dabei um
Geschichten handelt, die unmittelbar von uns selbst handeln oder um
Stellvertreter-Geschichten über exemplarische Personen oder
Abläufe, ist dabei
von untergeordneter Bedeutung. Auch Fremdgeschichten, mit denen wir uns
›identifizieren‹, geben uns ein Maß an die Hand, an dem wir
unsere
›Richtigkeit‹ prüfen und Entscheidungen orientieren können.
Im einen wie im
anderen Falle geht es ja um Vergegenständlichung, entweder in
bereits vorliegenden
Geschichten oder in bestimmten vorliegenden Schemata oder Skripten, die
mit
unseren eigenen Daten gefüllt werden. Da
scheint mir auch der Ort
von Lyrik zu liegen. Grundlegende Versuche, Dichtung in der Differenz
zur
Wirklichkeitsaussage zu bestimmen, geraten je gerade bei der Lyrik
immer wieder
in Probleme. Käte Hamburger z. B. hat die Lyrik aus dem Kreis
der
fiktionalen Formen herausgenommen und als Bereich der Ich-Aussage
bestimmt.
Anderseits wissen Literarhistoriker natürlich, dass man das
lyrische Ich nicht
mit dem Ich des Autors ineins setzen darf, und was dergleichen
literaturwissenschaftliche Binsenweisheiten noch sein mögen. Unter
dem
funktionalen Gesichtspunkt der Selbst-Vergegenständlichung ist der
prekäre Status
von Lyrik aber recht gut fassbar. Die paradigmatische Domäne der
Lyrik ist ja [586]
nicht der diachrone Verlauf. Den hat sie in Grenzfällen, wie in
der Ballade,
dann mit dem Erzählen gemeinsam. Die paradigmatische Domäne
ist vielmehr der
intensive Augenblick, die Reflexion einer momenthaften
Erschütterung oder,
moderater, eine momentane, der Formulierung bedürftige Stimmung.
Es sind
flüchtige Situationen und flüchtige Zustände des Ich,
die erst in vergegenständlichtem
Zustand überhaupt erreichbar und in ein Bild des eigenen Lebens
integrierbar
sind. Ich rede dabei nicht nur vom Autor, der so etwas schreibt.
Womöglich
deutlicher ist die Funktion bei den Lesenden, Rezipierenden: Sie finden
eine
fertige Formulierung vor, an die sie ihre Subjektivität
anschließen können. Das
mag dann nicht so ›individuell‹ sein, aber da es beim
Vergegenständlichen ja
gerade um den Anschluss an etwas Überindividuelles geht, ist das
besonders
produktiv. Und wenn es sich gar um einen kanonischen Text handelt,
einen,
dessen ›Wahrheit‹ und Allgemeingültigkeit von allen anderen edlen
Herzen oder
Höhlenmitbewohnern anerkannt ist, dann ist die
Selbst-Vergegenständlichung im
Gedicht voll geglückt. Literatur,
Dichtung – von ihr
ist ja längst die Rede – wird damit zu einem der Scharniere,
mittels derer das
Ich sich auf die Gesellschaft einstellt. Die Biologie greift dabei auf
doppelte
Weise zu: Sie stellt elementare Ablaufschemata als Kohärenzmittel
für die Texte
zur Verfügung und sie hat durch die Offenheit der menschlichen
Verhaltensprogramme den Vergegenständlichungs-Bedarf geschaffen,
auf den die
biographischen Exempelgeschichten antworten. Vergegenständlichung
als Falle
Die Fähigkeit zur
Vergegenständlichung hat einen problematischen Nebeneffekt. Indem
ich meine
Repräsentationen der Welt als gegenständliche
Weltbestandteile behandle, kann
ich über sie sprechen, als ob sie
Gegenstände wären. So weit so gut. Aber sie sind
keine Gegenstände. Und sie sind vor allem auch keine Personen. Ich
kann aber
über sie sprechen, als ob sie Personen wären. Die
zusammenfassenden
Abstraktionen oder einzelnen Gefühle erhalten damit eine
trügerische
intentionale Handlungskompetenz. Die Liebe zieht mich zu einem anderen
Menschen,
der Hass stößt mich von ihm weg, der Schmerz martert mich.
Wir sprechen dann
von unseren Gefühlen wie von spätantiken allegorischen
Figuren. Ähnliches
geschieht mit den Abstraktionen. Die Feuilletons sind voll davon: Die
›Ideen
von 1789‹ verleiten ›Frankreich‹ zu einer imperialistischen
Außenpolitik, der
›Antiamerikanismus‹ vergisst ›die Luftbrücke‹. Das ist zwar
tolerierbar, weil
man es auf Anhieb auf reale Personen zurückübersetzen kann.
Aber man muss sich
darüber im Klaren sein, dass das schon die [587] Grundfigur der
animistischen
Weltbilder war, also wohl sehr tief in unserer psychischen Ausstattung
sitzt,
nicht bloß an der stilistischen Oberfläche, und dass es
heute eine große
Einfallspforte für ideologische Zuschreibungen ist. Doch
nicht nur in der
Umgangsprache, auch in den Geisteswissenschaften gibt es einen solchen
Sog zum
Intentionalismus. Wer sich erst einmal auf das »Begehren des
Signifikanten«[35] eingelassen hat, wird so schnell vor nichts mehr
zurückschrecken. Allenthalben begegnen uns Diskurse oder
Diskurselemente als handelnde
Subjekte, weil ja bekanntlich das Subjekt eine Täuschung (wessen?)
ist. Als der
Autor abgeschafft worden war (inzwischen gibt es ihn wieder), konnte
man ihm
auch keine Intention mehr zuschreiben; dafür aber begegnete man
gelegentlich
der ›Textintention‹ als mystischem Agens. Und wenn solchermaßen
der Text erst
einmal Absichten hat, dann kann er wohl auch mal seinen eigenen Inhalt
verschlafen: »Etwas ist schneller gegangen als es gemacht werden
konnte – , und
deshalb kommt auch der Text zu spät. Eben noch im Präsens der
essayistischen
Reflexion über das, was ›bemerkenswerter Weise‹ auf den
Straßen geschieht,
bemerkt er [der Text!] erst nachträglich, dass etwas schon
geschehen ist, dass
›schon einen Augenblick vorher etwas aus der Reihe gesprungen
war‹« usw. Manchmal
hat das wohl etwas
mit dem ›Tod des Subjekts‹ zu tun, meistens aber dürfte es sich um
sprachliche
Manieren handeln, mit denen man dem Stil Pfeffer geben will. Aber wenn
man nun
statt der Subjekte alle möglichen Nichtsubjekte handeln und denken
lassen muss,
die nun ganz gewiss nicht handeln und denken können, dann
gerät ein
fundamentaler Dauerfehler in die Argumentationen. Man kann dann zwar
über die
Sprache klagen: Es
gehört zu den schlimmsten
Eigenschaften unserer Sprache (und die Gesamtdarstellung der
Systemtheorie in
diesem Buche ist aus diesem Grunde inadäquat, ja
irreführend), die Prädikation
auf Satzsubjekte zu erzwingen und so die Vorstellung zu suggerieren und
schließlich die alte Denkgewohnheit immer wieder einzuschleifen,
dass es um
›Dinge‹ gehe, denen irgendwelche Eigenschaften, Beziehungen,
Aktivitäten oder
Betroffenheiten zugeschrieben werden. In der Tat, so ist die
Sprache; wenn man ihr Aussagen über Subjekte verweigert,
produziert sie
animistische Aussagen über beseelte ›Dinge‹ oder Abstraktionen.
Aber das liegt
keineswegs an ›der Sprache‹, sondern an uns, den Sprechenden. Aus
dieser Schule
entlaufen dann Sätze wie: »Kommunikation und
Bewußtsein sitzen in einer Falle,
die sie sich selbst gegraben haben […] Die Gesellschaft zappelt im
Würgegriff
der Eitelkeit [588] […] Beide, Bewußtsein und Kommunikation,
können allerdings
zumindest daran Mut schöpfen, dass […]«. Als
die Grinsekatze allmählich
verschwand und nur noch ihr Grinsen übrig blieb, dachte Alice im
Wunderland:
»Gut! Ich habe schon oft eine Katze ohne Grinsen gesehen, aber
ein Grinsen ohne
Katze! Das ist das seltsamste Ding, das ich je in meinem Leben gesehen
habe!«
Ob man nicht doch besser über Subjekte reden sollte statt
über Gespenster? *** Vergegenständlichung ist
‑ in ihren Leistungen wie in ihren Hinterhalten ‑ der entscheidende
Beitrag der
Sprache zur menschlichen Kultur und insgesamt zur Sonderart des Homo
sapiens.
Die Möglichkeit zur Vergegenständlichung steht in einem
koevolutiven Verhältnis
zur Ausbildung kulturbezogener offener Verhaltensprogramme. Sie
ermöglicht das
Anlegen eines exosomatischen Speichers von Orientierungswissen, das den
offenen
Verhaltensprogrammen die zur Vervollständigung nötigen
Informationen zur
Verfügung stellt. Es sind variable Weltmodell-Elemente, die als
Variablenfüllungen der Programme immense Anpassungsleistungen an
unterschiedlichste
Umweltbedingungen erlaubten. Gewiss gibt es auch bei nichtmenschlichen
Lebewesen offene Verhaltensprogramme, die durch Modifikationen an
unterschiedliche Umwelten angepasst werden. Alles ›Lernen‹ im Tierreich
geschieht nach diesem Prinzip. Es bleibt da aber an individuelle
Erfahrung
gebunden. Sowohl
Offenheit der Programme
als auch Sachbezug der Sprache sind also bereits im Tierreich
vorhanden. Erst
der koevolutive Zusammenhang von Ausdifferenzierung des Sachbezugs und
der
Fähigkeit zur Verarbeitung vergegenständlichten Wissens
ermöglicht den
weiterbauenden Kulturtyp, der für die Menschenwelt spezifisch ist.
– Eine
letzte Frage kann nur angeschnitten werden: Weshalb wurde dieses
Potential zu
verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Völkern so
unterschiedlich genutzt?
Hier ist offenbar das Bedingungsgefüge von entscheidender
Bedeutung, das die
jeweilige Kultur für sich selbst darstellt, das Geflecht von
Überzeugungen und
Handlungsalternativen, das in ihr wirkt und das jeweils ganz
verschiedene auf
Veränderung drängende Probleme beziehungsweise
Handlungsalternativen generiert
und damit Dynamik erzwingt oder verhindert. Da haben dann die
Kulturwissenschaften
weiterzuarbeiten. [589] Bibliographie
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Irenäus:
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Fiction and Media: Notes on Fictional Worlds, Virtual Contacts and the
Reality
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PsyArt. A Hyperlink Journal for the Psychological Study of the Arts,
article
020604. URL:
<http://www.clas.ufl.edu/ipsa/journal/2002/mellma01.htm>. Niemitz,
Carsten: Die
Stammesgeschichte der menschlichen Sprache und des menschlichen
Gehirns. In:
Niemitz, Carsten (Hg.): Erbe und Umwelt. Frankfurt/M. 1987,
S. 95-118. Pinker,
Steven: Der
Sprachinstinkt. Aus dem Amerikanischen von Martina Wiese. München
1996. Rensch,
Bernhard: Über
ästhetische Faktoren im Erleben höherer Tiere. In: Hoimar
Ditfurth (Hg.):
Evolution II. Ein Querschnitt durch die Forschung. Hamburg 1978. Schapp,
Wilhelm: In
Geschichten verstrickt. Zum Sein von Mensch und Ding. Frankfurt/M. 31985. Scherer,
Klaus R.: Vocal Affect Expression as
Symptom, Symbol, and Appeal. In: Papoušek, Hanuš / Uwe Jürgens /
Mechthild
Papoušek: Nonverbal Vocal Communication. Comparative and Developmental
approaches. Cambridge 1992, S. 43-60. Sperber,
Dan (Hg.): Metarepresentations. A
Multidisciplinary Perspective. New York 2000. Tomasello,
Michael: Die
kulturelle Entwicklung des menschlichen Denkens. Zur Evolution der
Kognition.
Aus dem Englischen von Jürgen Schröder. Frankfurt/M. 2002. Uexküll,
Jakob von:
Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen.
Bedeutungslehre.
Hamburg: Rowohlt 1956. [590] Watzlawick,
Paul / Janet H.
Beavin / Don J. Jackson: Menschliche Kommunikation. Bern, Stuttgart,
Toronto 81990. Wittgenstein,
Tractatus
logico-philosophicus. Logisch-philosophische Abhandlung, Frankfurt/M.
1963
[1921]Watzlawick, Paul / Janet H. Beavin / Don D. Jackson: Menschliche
Kommunikation.
Bern, Stuttgart, Toronto 81990. [1] Pinker: Sprachinstinkt, S. 387. Pinker ist der populärste Vertreter der ‚evolutionären Psychologie’, einer Nachfolgeströmung der Soziobiologie. Fundierte Einführung, die auch diese neue Entwicklung schon berücksichtigt, gibt Voland: Soziobiologie. – Mein Beitrag steht im Zusammenhang mit einem Buchprojekt zur biologischen Kultur- und Literaturtheorie. [2] Ich vermeide hier eine grundsätzliche Diskussion der verschiedenen derzeit angebotenen Zeichen- und Kommunikationsmodelle. Für den praktischen Zweck der folgenden Überlegungen genügen zwei Unterscheidungen, die in irgendeiner Form in allen Modellen auftauchen, nämlich erstens die zwischen ›natürlichen‹ Zeichen (›Anzeichen‹) und ›willkürlichen‹ (›beliebigen‹, ›konventionellen‹) Zeichen und zweitens die zwischen Partnerbezug und Sachbezug. Die erste Unterscheidung liegt auf der Konstruktionsebene, wurde z. B. von Saussure vorgenommen. Die zweite betrifft die Funktion und läßt sich auch mit Watzlawicks u. a. Unterscheidung von Beziehungsaspekt und Inhaltsaspekt oder mit Bühlers Trias von Ausdruck und Appell einerseits und Darstellung anderseits fassen. [3] Dunbar: Klatsch, S. 105. [4] Speziell Aiello/Dunbar: Neocortex Size. [5] Dunbar: Klatsch, S. 103. [6] Ebd., S. 152. [7] Zum Begriff der offenen Programme Mayr: Philosophie, S. 66 [8] Vgl. speziell Cheney/Seyfarth: Affen, bes. Kap. 4 »Lautkommunikation«. [9] Ebd., S. 149. [10] Scherer: Affect Expression, S. 48f. [11] Generell hierzu Sperber, Metarepresentations. [12] Philosophen werden wahrscheinlich empfehlen, das durch den gängigeren Begriff der Objektivation zu ersetzen. Aber gerade deshalb vermeide ich das Wort, weil da gleich 200 Jahre deutscher Philosophiegeschichte vielstimmig mitreden. [13] Geertz, Beschreibung, S. 9 [14]
Dazu im Überblick
Jäger, Sprache. [15]
Den Gedanken hatten sie
schon
in den
zwanziger bzw. dreißiger Jahren entwickelt, aber virulent wurde
er erst in den
Fünfzigern mit der posthumen Veröffentlichung. In der
deutschen Ideengeschichte
ist er von Nietzsche, [16]
Zusammenfassend mit den
entsprechenden Literaturangaben z. B. Pinker, [17]
Wittgenstein, Tractatus [18] Uexküll, Streifzüge, S. 23. [19] Vor allem Erkenntnis, z. B. S. 268ff. [20] Bekannt zum Beispiel als Schrauben-Ratsche, die nur in einer Richtung Kraft überträgt, beim Rückwärtsdrehen aber frei dreht. – Der Übersetzer von Tomasello: Entwicklung, spricht von »Wagenhebereffekt« – hilfreich, wenn man einen Wagenheber hat, der nach diesem Prinzip funktioniert … [21] Der Begriff der Kumulierung, der für dieses Phänomen z. B. von Tomasello verwendet wird, erscheint mir etwas unglücklich, weil dabei leicht die Assoziation einer bloß quantitativen Haufenbildung entsteht. Deshalb spreche ich von Weiterbau. [22]
Es gibt die
begründete
These, dass die
Schrift sogar vor der Sprache da war. Z. B. Niemitz: Stammesgeschichte.
Überliefert sind uns ja nur die in Stein gegrabenen Zeugnisse, die
sicher nicht
die ersten waren. Aber man wird wohl einschränken müssen,
dass eine ›Schrift‹
ohne Sprache nur vergleichsweise karge Inf [23] Heeschen: Sprachevolution, S. 197: [24] Begriff bei Eibl-Eibesfeldt, Verhaltensforschung, S. 285, das Kapitel »Reaktionsketten«. [25]
Burkert, Kulte,
S. 75.
[26] Ebd., S. 76. [27] Ebd., S. 81. [28] Labov/Waletzky: Erzählanalyse, S. 94. [29] Dazu insbesondere Mellmann: E-motion. [30] Burkert: Religion, S. 93f. [31] Ruth Benedict erzählt von den Kurnai in Australien, die Heiratsvorschriften seien dort so streng, dass den Paaren nichts anderes übrig bleibe als davonzulaufen. Obwohl auch alle anderen Ehen auf diese Weise zustande kommen, herrscht helle Empörung, die beiden werden verfolgt und getötet, wenn es ihnen nicht gelingt, eine bestimmte Insel zu erreichen, die als Asyl dient. Wenn sie schließlich mit einem Kind gesegnet zurückkehren, werden sie kräftig verprügelt und dürfen dann als Ehepaar leben wie die anderen, die vorher ausgerissen waren. Benedict: Urformen, S. 30f. [32] James: Psychologie, Kapitel »Das Selbst« (bzw. »The Consciousness of Self«.). [33] Bischof: Kraftfeld, S. 138. Die Zitate davor S. 139ff. [34] Schapp: Geschichten, S. 123. [35]
Ich verzichte hier auf
Nachweise. Es
sind zwar Originalzitate, aber sie schreiben sich sozusagen von selbst |